Mit der Landesstellenplanung will die Kirchenleitung für die Kirchenmitglieder in allen Regionen Bayerns gleichwertige Chancen schaffen, mit dem Evangelium in personalen Kontakt zu kommen. Denn die Anzahl der Kirchenmitglieder hat sich in den vergangenen Jahren verändert: Regional durch Zu- und Wegzüge, durch eine älter werdende Gesellschaft, aber auch durch die Kirchenaustritte wird sich die Anzahl der Kirchenmitglieder bayernweit von 2010 bis Ende 2020 um ca. 10% reduziert haben.
Was ändert sich bei der aktuellen Landesstellenplanung?
Großes Vertrauen in die Kompetenz vor Ort:
Bei der Verteilung der Stellen im Dekanat sollen die Erkenntnisse aus dem Reformprozess „Profil und Konzentration“ zum Tragen kommen. Also steht am Anfang nicht die Frage: Was können wir tun, um unsere Stellen zu behalten? Am Anfang soll die Frage stehen: Wie ist die Situation der Menschen bei uns? Wo brauchen sie uns als Kirche? Welche Aufgaben nehmen wir uns infolgedessen vor? Wer unterstützt uns, mit wem wollen wir zusammenarbeiten? Erst dann folgt die Frage: Welche personellen Ressourcen setzen wir für welche Aufgabe wo ein? Damit wird die Landesstellenplanung 2020 viel stärker als bisher zu einem Gestaltungsprozess, in dem inhaltliche Perspektiven und Ressourcen zusammen gedacht werden.
Gemeinsame Gestaltung über Konzeptionen statt über zentrale Festsetzungen:
Neu ist, dass die Dekanate die Stellen in ihrem Bereich weitestgehend frei verteilen können. Mit diesem Schritt gibt die Kirchenleitung Planungskompetenz an die Dekanate ab. Den Dekanaten wird die Summe der Stellen der theologischen, theologisch-pädagogischen und Kirchenmusik-Stellen mitgeteilt. Die zuständigen Dekanatsgremien können dann über die Verteilung frei entscheiden. Allerdings ist jedes Dekanat verpflichtet, ein Konzept vorzulegen, wie im Dekanat wichtige Arbeitsbereiche – wie etwa Jugendarbeit, Altenheimseelsorge oder Kirchenmusik – gestaltet werden soll. Bei dieser Konzepterstellung wird die landeskirchliche Ebene als Partnerin der Dekanatsbezirke mit ihren Einrichtungen inhaltlich und strukturell beraten, begleiten und die Umsetzungsmöglichkeiten so transparent wie möglich gestalten.
Mehr Freiräume, weniger Eingrenzung:
Die Dekanate haben erstmals die Möglichkeit, in eigener Verantwortung bis zu 20% der Stellen berufsgruppenübergreifend zu besetzen – etwa indem eine Diakonen-Planstelle mit einer Kirchenmusikerin besetzt wird. Angestrebt wird ein stärker gabenorientierter Personaleinsatz. Die nötigen rechtlichen Veränderungen sollen in einem Erprobungsgesetz geschaffen und in einigen Jahren auf ihre Passgenauigkeit hin überprüft werden.
Feedback wird ernst genommen:
Die Landesstellenplanung ist ein langer, auf Dialog und Rückmeldungen hin angelegter Prozess. Deshalb waren die Testläufe für das vorgeschlagene Vorgehen in verschiedenen Erprobungsdekanaten sehr aufschlussreich. Sie hatten vorab schon einmal die sie betreffenden Kürzungsvorgaben beraten und ein Verteilungskonzept erarbeitet. Einhellige Rückmeldung von allen: Es lohnt sich, bei den Planungen zuerst bei den Menschen und dem Auftrag der Kirche anzufangen und erst danach die Stellen zu verteilen.
Nach welchen Kriterien wird die Verteilung der Stellen berechnet?
Es soll eine neue Verteilungsformel angewendet werden. Nur die drei Faktoren spielen eine Rolle, die in allen Dekanaten vorkommen: Die Anzahl der Gemeindeglieder, die Fläche der Gemeinde und die gewachsene Kirchenstruktur (auch sehr kleine Kirchengemeinden werden berücksichtigt).
Werden wirklich alle Stellen gekürzt – oder gibt es Ausnahmen?
Nicht gekürzt werden sollen die 1,5 Stellen der KSA-Seelsorger-Ausbilder*innen, weil sonst die Seelsorge Ausbildung nicht mehr geleistet werden könnte. Ebenfalls nicht gekürzt werden sollen die 104 Stellen der Kirchenmusiker*innen, weil sonst die kirchenmusikalische Versorgung (und Nachwuchs-Ausbildung!) nicht mehr gewährleistet wäre.
Auch nicht gekürzt werden bei den Dekan*innen die Stellenanteile, die für Leitungsaufgaben vorgesehen sind. Denn wenn mit dieser Landesstellenplanung die Entscheidungs- und Gestaltungsaufgaben der Dekanate (also der „mittleren Ebene“) ausgeweitet werden, kann man nicht gleichzeitig die Ressourcen dafür kürzen.
Oberkirchenrat Stefan Reimers: „Insgesamt zeichnet sich diese Landesstellenplanung aus unserer Sicht dadurch aus, dass notwendige und realistische Kürzungen einerseits verbunden werden sollen mit bestmöglichen Rahmenbedingungen zur selbstverantwortlichen Gestaltung auf allen kirchlichen Ebenen im Zusammenhang unserer inhaltlichen Aufbrüche (PuK, Miteinander der Berufsgruppen, etc.) andererseits.“
Anders als die Stellen in Kirchengemeinden und Dekanaten werden die Stellen im landesweiten Dienst budgetgesteuert. Der sogenannte landesweite Dienst unterstützt die Kirchengemeinden. Er übernimmt aber auch Themen und Funktionen, die von Kirchengemeinden oder Dekanatsbezirken nicht selbst getragen werden können, weil es übergreifende, gemeinsame Aufgaben sind. Das sind beispielweise die Aus-, Fort- und Weiterbildung z.B. im Religionspädagogischen Zentrum, im Predigerseminar oder an der Augustana-Hochschule; das sind Stellen in Einrichtungen wie Mission EineWelt, dem Landeskirchenamt, Verwaltungsstellen, Kirchensteuerämtern, Rechnungsprüfungsamt oder dem Landeskirchlichen Archiv. Reimers: ” Im landesweiten Dienst kürzen wir nicht die Stellen selbst um zehn Prozent, sondern setzen die Landesstellenplanung durch entsprechende Budgetkürzungen um.” Nach den Beratungen in den Arbeitskreisen wurden von der Landessynode zwei Ergänzungen beschlossen: Für den landesweiten Dienst sollen Konzepte und Kriterien unter synodaler Beteiligung erarbeitet und der Synode vorgelegt werden. Auch der landesweite Dienst solle Beratungsangebote beispielsweise der Gemeindeakademie zur Umsetzung in Anspruch nehmen dürfen.
Wie sieht der Blick in die Zukunft aus?
Personalprognose 2020 – 2035 und Nachwuchsarbeit: Die durch die Coronakrise zu erwartenden Unsicherheiten bei den Kirchensteuereinnahmen müssen im Rahmen der LStPl 2020 noch stärker als bisher bei der langfristigen Personalentwicklung bis 2035 berücksichtigt werden. Dabei muss der Personalrückgang durch den Ruhestandseintritt der sog. „Baby-Boomer-Jahrgänge“ in Korrelation zu den nötigen und finanziell möglichen Neuanstellungen gesehen werden. Insgesamt könnte man mit einer10%igen Stellenkürzung alle 5 Jahre (2020, 2025, 2030) und einer „moderaten Nachwuchsgewinnung“ personell wie finanziell eine gangbare Lösung finden.
Diese Einschätzung enthält aber noch zu viele Unbekannte, als dass sie gegenwärtig zu einer verlässlichen Prognose und Planung führen kann. Es müssen Modellrechnungen – die unterschiedliche Szenarien voraussetzen – mit unterschiedlichen Parametern (Kirchensteuer-, Kaufkraft-, Personalentwicklung etc.) angestellt und eine entsprechende Ausrichtung der künftigen Landestellenplanungen beschlossen werden. Eine solche Personalprognose entwickelt Abteilung F parallel zu den Weiterarbeiten an der LStPl 2020. Gleichzeitig hat der Landeskirchenrat dem Vorschlag der Abteilung F einstimmig zugestimmt, dass es in der gegenwärtigen Situation trotz aller bestehender Unsicherheiten keinen Stopp bei der Errichtung öffentlich-rechtlicher Dienstverhältnisse gibt. Das bedeutet, dass wir bewusst weiterhin um Nachwuchs werben, weil wir Kirche auch in Zukunft gestalten wollen. Das bedeutet, dass uns die Stabilität und Sicherheit unserer Mitarbeitenden wichtig ist, gerade in verunsichernden Zeiten. Das heißt auch, dass wir gemeinsam die kommenden schwierigen Herausforderungen anpacken müssen, und gerade deshalb jetzt nicht die falschen Signale geben dürfen.